Birgit Payer, Leiterin Recruiting und Personalmarketing Erste Bank
Woran liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für den viel zitierten Gender Gap im wirtschaftlichen Bereich?
Da gibt es mehrere Gründe. Einerseits suchen sich Frauen tendenziell die schlechter bezahlten Jobs aus. In unserer Gesellschaft ist trotz aller Bemühungen das traditionelle Bild der Frau sehr stark. Wir haben einen großen Nachholbedarf in Bezug auf Kinderbetreuung. Viele Mütter werden gezwungen unflexibel zu sein. Und nicht nur das – es mus auch völlig in Ordnung sein, ein Kind nach einem 3/4 Jahr oder Jahr in eine Krippe zu geben, wenn man das möchte. Es gibt Beispiele in Europa, wo das wunderbar funktioniert.
Sind Maßnahmen notwendig um Frauen im Berufsleben zu fördern und wenn ja, welche sind Ihrer Meinung und Erfahrung nach am zielführendsten?
Ja. Viele Dinge sind einfach auf Männer ausgerichtet, aber Frauen lernen z.B. anders als Männer. Wissenschaftliche Studien belegen etwa, dass Mädchen Mathematik anders erfassen und dass reine Mädchenklassen bessere Leistungen in Mathematik erbringen als Mädchen in gemischten Klassen. Deshalb haben wir in der Erste Bank begonnen beispielsweise unsere Wertpapierschulungen speziell für Frauen abzustimmen. Das zeigt auch Früchte. Nachwuchsförderprogramme sind ein weiteres Thema. Sich einfach nur still mehr Frauen zu wünschen genügt nicht, das muss eine aktive Geschichte sein.
Netzwerke sind ein weiterer Punkt – unsere Diversity Beauftragte ruft nun das Erste Frauennetzwerk ins Leben.
Frauen sind heute genauso gut und besser ausgebildet wie Männer, doch in Führungspositionen sind sie noch immer rar – woran liegt das?
Bei uns in der Erste Bank starten oft Mitarbeiterinnen, die die ersten 3-5 Jahre wunderbar auf der Karriereschiene unterwegs sind. Ja, und dann kommt das erste Kind. Und da ist die Frau dann mal weg vom Fenster für eine geraume Zeit. In dieser Zeit ist der Mann, der gleichzeitig gestartet hat und etwa gleich gut ist wie die Frau, vielleicht schon Filialdirektor. Das kann die Frau nie wieder aufholen. Auch sind die Motive anders, vielen Frauen ist die Aufgabe an sich wichtiger als der Status. Frauen hinterfragen auch viel mehr.
Wer sind Ihre persönlichen Vorbilder?
Ich habe mehrere und doch keine Vorbilder. In meinem Umfeld gab es eine Sabine Mlnarsky-Bständig [die bis 2013 Personalchefin der Erste Bank war], die ich sehr bewundert habe für die Art und Weise wie sie Dinge getan hat bzw. an Themen herangegangen ist. Auch ihr Zugang zu Menschen hat mir sehr imponiert. Dr. Elisabeth Bleyleben-Koren [die bis 2010 Vorstandsvorsitzende der Erste Bank war] ist für mich eine der bewundernswertesten Frauen in der Wirtschaft. Ihre Disziplin, ihre Paktfähigkeit und ihre Arbeitsweise fand ich einfach großartig in einer damals wirklich alles anderen als frauenfreundlicher Umgebung. Petra Michlits [Geschäftsführerin der Erste Bank Beteiligungsservice] hat einen Führungsstil und eine Art und Weise mit Schwierigkeiten umzugehen, die ich sehr erfrischend finde. Ich bin der Meinung, man kann von jedem Menschen etwas lernen.
Was halten Sie vom 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Ich finde es toll und wichtig, dass es Frau & Karriere gibt. Hier kann ich als Frau reinschauen und nachschauen, Vorbilder finden und sehen, wie andere es machen.
Birgit Payer leitet das Recruiting und Personalmarketing der Erste Bank. Seit über 25 Jahren ist sie in der Finanzwirtschaft tätig und sagt „mein Werdegang war geprägt von der Freiheit grundsätzlich das tun zu können, was ich tun wollte.“