Mag. Claudia Eder, Geschäftsführerin ÖBB-Business Competence Center GmbH
Mag. Claudia Eder ist seit 2008 bei der ÖBB AG tätig. Ihre Tätigkeitsbereiche waren seitdem unter anderem Human Resource und Organisational Development. Seit 2011 war sie als Teamleader in den Bereichen HR-Strategy, HR-Communtications, HR-Business Partner in der ÖBB Holding AG tätig. Seit 2014 ist sie Geschäftsführerin des ÖBB-Shared Service Center GmbH.
Was sind die wichtigsten Gründe dafür, dass es noch immer so wenige Frauen in Führungspositionen bzw. Unternehmerinnen gibt?
Im Laufe meiner Karriere sind mir drei Gründe immer wieder aufgefallen. Oftmals stehen sich Frauen einfach nur selbst im Weg. Statt Chancen zu ergreifen, reflektieren Frauen ewig und wägen „pro und contra“ für eine Position viel zu lange ab. Ausprobieren und sich der neuen Herausforderung stellen, wäre hier eine mögliche Alternative. Weiters, gibt es leider immer noch viel zu wenige Frauen die andere Frauen fördern – möglicherweise aus Angst die eigene Position zu verlieren. Darüber hinaus wollen viele Frauen zwischen 25 und 35 nicht auf Kinder verzichten. Die Akzeptanz Kind und Karriere zu verbinden ist aber in Österreich, sowohl in der Politik als auch im Wirtschaftsgeschehen nicht immer vorhanden und damit fehlen oftmals die Möglichkeiten Betreuung und Job zu vereinbaren – andere Länder bieten hier schon viel mehr.
Die Work-Life-Balance ist speziell für viele junge ArbeitnehmerInnen bzw. für SchülerInnen und StudentInnen sehr wichtig, wie aktuelle Studien zeigen. Muss man im 21. Jahrhundert immer erreichbar sein, um erfolgreich zu sein?
Die wesentliche Voraussetzung für Erfolg ist Gesundheit. Jede/-r – egal ob jung oder alt – muss für sich selbst entscheiden, wie viel Erreichbarkeit für ihn / sie noch gesund ist.
Aktuelle Studien zeigen, dass jede zweite junge Österreicherin an einen Rückzug zu Kindern und Haushalt denkt. Warum kommt es zu solchen Entwicklungen?
Durch die für mich noch nicht ausgereiften Strukturen zur Vereinbarung von Job und Familie, kommt es meiner Meinung nach oftmals zur Überforderung, wenn es darum geht Kind und Karrierewünsche in Einklang zu bringen. Wenn dann noch die Rückendeckung des Partners oder die Unterstützung der Großeltern fehlt, wählen viele Frauen den „leichteren Weg“. Statt Unterstützung – beispielsweise seitens des Vaters – aktiv einzufordern oder über mögliche Lösungswege nachzudenken, übernehmen sie die Kinderbetreuung und verzichten auf ihre Karriere.
Können Teilzeitbeschäftigte Ihrer Meinung nach Karriere machen und eine Managementposition ausführen? Welche Rahmenbedingungen müssen Unternehmen dafür schaffen? Gibt es bei der ÖBB Teilzeitbeschäftigte in Managementpositionen?
Es gibt Vorzeigeunternehmen – auch in Österreich – in denen Führungskräfte Teilzeit 30 oder 35 Stunden arbeiten. Gerade in unserem Medienzeitalter muss eine Führungskraft nicht von frühmorgens bis spätabends im Büro sein. Eines haben alle Varianten egal ob Teilzeitarbeit oder beispielsweise Jobsharing gemeinsam: Sie benötigen einen hohen Grad an Kommunikations- und Informationsfluss. Wenn in Unternehmen die Akzeptanz und Bereitschaft dazu vorhanden ist, kann es durchaus funktionieren.
Welche Maßnahmen wären Ihrer Meinung nach am zielführendsten, um Frauen im Berufsleben zu fördern? Welche Maßnahmen setzt die ÖBB in Bezug auf Frauenförderung?
Entscheidend ist, dass Frauen konsequent und aktiv auf breiter Ebene gefördert werden. Das es in Österreich derzeit so wenige Frauen in Führungspositionen oder Aufsichtsräten gibt, ist eine über Jahrzehnte gewachsene Struktur. Es sind erhebliche Anstrengungen über die Maßnahmen des Unternehmens hinaus, um dies zu ändern, wie im Bildungssystem, in der Familienpolitik und selbstverständlich auch in den Unternehmenskulturen.
Wir haben sicherlich Aufholbedarf bei einer Frauenquote von derzeit rund 8,4%. Einiges ist schon passiert: in wichtigen Führungspositionen sind Frauen, wie z.B. Recht, Einkauf, Kommunikation oder im Vorstand des Personenverkehrs. Der aktuelle Frauenanteil im Top-Management des Personenverkehrs liegt gegenwärtig bei 40 Prozent. Immerhin sind 56% unserer Kunden weiblich – wir arbeiten für den Markt und müssen denken wie der Markt.
Befürworten Sie persönlich eine Frauenquote für Führungspositionen?
Ja, ich befürworte Frauenquoten beziehungsweise konkrete Gleichstellungsziele. Seit 01.07.2011 hat der ÖBB-Konzern eine Gleichstellungspolicy mit dem Ziel die Gleichbehandlung sicherzustellen, Chancengleichheit zu fördern und die Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten zu verbessern. Um den Anteil der Frauen im Unternehmen zu heben und die Vielfalt zu stärken, wurden in der neuen ÖBB-Strategie konkrete Gleichstellungsziele formuliert. Nur wer sich seine Ziele bewusst macht, arbeitet daran. Ohne messbare Ziele würden wir nicht über konzernweite Lösungen nachdenken, so wie wir es heute tun. Selbstverständlich sind die Konsequenzen von Frauenquoten teils fragwürdig – über Sanktionierungsmaßnahmen bei Nichteinhaltung kann es nicht funktionieren. Besser wäre hier positive Beispiele hervorzuheben und besonders engagierte Bereiche auszuzeichnen und immer wieder in der Öffentlichkeit hervorzuheben.
Wäre eine betriebsinterne Offenlegung aller Gehälter Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Mit unseren Einkommensberichten, die wir alle 2 Jahre legen, leben wir bereits die Offenlegung der Gehälter und sorgen damit für Transparenz.
Wie lange wird es noch dauern, bis Österreich von der ersten weiblichen Bundeskanzlerin regiert wird?
Hoffentlich nicht mehr so lange – das wäre doch ein Vorbild!
Wie hoch ist der Frauenanteil in der ÖBB?
Wir liegen derzeit bei einem Frauenanteil von 8,4% (Stand 31.12.2011) und haben uns als Gleichstellungsziel die Erhöhung des Frauenanteils auf 11 % bis 2015 gesetzt.
Wie hoch ist der Frauenanteil in der ÖBB bei Führungspositionen?
Bei den Führungskräften liegen wir derzeit bei einem Frauenanteil von 8,6% (Stand 31.12.2011). Hier wollen wir bis 2015 die Erhöhung auf 15 % erreichen. Frauen mit Leadership-Potenzialen fördern wir daher auch ganz bewusst im Rahmen der ÖBB akademie, unserer firmeninternen Corporate University.
Bietet die ÖBB Kinderbetreuung bzw. Unterstützung bei der Suche nach adäquater Kinderbetreuung für die MitarbeiterInnen an?
Zum momentanen Zeitpunkt bieten wir noch keine Kinderbetreuung an, teilweise passieren aber Maßnahmen auf bilateraler Ebene.
Nimmt die ÖBB an Zertifizierungen als Top-Arbeitgeber oder als „Familienfreundliches Unternehmen“ teil und wenn ja, an welchen?
An Zertifizierungen nehmen wir derzeit noch nicht teil, wir werden aber in Zukunft verstärkt auf Arbeitgeberplattformen, wie beispielsweise kununu vertreten sein. Dabei holen wir uns wertvolle Rückmeldungen von unseren ArbeitnehmerInnen, die auch direkt in die weiteren Planungen einfließen werden.
Haben Sie persönlich Kinder? Wenn ja, wie vereinbaren Sie persönlich Beruf und Familie?
Nein, ich habe keine Kinder.
Was halten Sie vom 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Ich halte Frau & Karriere für eine sehr gute Initiative. Bei den ÖBB werden wir die Plattform als „add-on“ nutzen, um speziell Frauen in Spezialistinnen-Funktionen anzusprechen und für uns zu gewinnen.