Jacques André Mertzanopoulos GF von Arthur Hunt Österreich
Frau & Karriere befragt interessante Persönlichkeiten nach relevanten Themen zur Arbeitswelt und zur Chancengleichheit der Frauen.
Jacques André Mertzanopoulos ist geschäftsführender Gesellschafter von Arthur Hunt Österreich. Als Senior Consultant mit 25 Jahren Berufserfahrung in der Personalberatung liegt der Beratungsschwerpunkt im Executive Search national & international mit Fokus auf Top Management- und Spezialistenpositionen in den Bereichen Investment & Commercial Banking, Industriegüter, Automotive, FMCG und Handel, wo er unzählige Positionen erfolgreich besetzt hat. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Management Audits & Potentialanalysen, Beratung bei Lohn- und Gehaltssystemen, Begleitung von Start-up Unternehmen und die Durchführung von Assessment Centern.
Was sind die wichtigsten Gründe dafür, dass es noch immer so wenige Frauen in Führungspositionen bzw. Unternehmerinnen gibt?
Aus meiner Sicht gibt es drei Hauptgründe: die alten Vorurteile, die mangelnde Infrastruktur (Kindergärten mit vernünftigen Öffnungszeiten) und die fehlenden Netzwerke – à la CV, Rotarier, etc. sowie Golf- und Tennisclubs.
Die Work-Life-Balance ist speziell für viele junge ArbeitnehmerInnen bzw. für SchülerInnen und StudentInnen sehr wichtig, wie aktuelle Studien zeigen. Was halten Sie von dieser Einstellung? Muss man im 21. Jahrhundert immer erreichbar sein, um erfolgreich zu sein?
Nein muss man nicht. Das Handy abzudrehen ist für junge Damen genau so möglich wie für junge Herren. Es ist eine Frage des Selbstbewusstseins.
Können Teilzeitbeschäftigte Ihrer Meinung nach Karriere machen und eine Managementposition ausführen? Welche Rahmenbedingungen müssen Unternehmen dafür schaffen?
Der Kampf um die Karriere ist härter geworden und erfordert 150% Einsatz – und das völlig geschlechtsunabhängig.
Welche Maßnahmen wären Ihrer Meinung nach am zielführendsten, um Frauen im Berufsleben zu fördern?
Mit dieser Frage tu ich mir schwer. Ich bin ganz generell für ein Mentorensystem in Unternehmen. Die zu Fördernde muss eben mündig sein, Lust auf Leistung haben und dies auch kundtun. Egal ob Mann oder Frau.
Wie kann Frauenförderung sinnvoll umgesetzt werden, ohne gleichzeitig Männer zu diskriminieren?
Förderung funktioniert nicht wenn sie von oben herab angeordnet wird. Förderung funktioniert nur punktuell und punktuell kann man nicht von Diskriminierung sprechen.
Befürworten Sie persönlich eine Frauenquote für Führungspositionen?
Nein, Frau sein ist ebenso wenig Qualifikation wie Mann zu sein. Ich halte auch nichts von politischem Proporz, jede Form von Quote ist leistungshemmend.
Wäre eine betriebsinterne Offenlegung aller Gehälter Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Nein, es gibt auch unter Männern große Gehaltsunterschiede. Gleiches Gehalt für gleiche Leistung ist natürlich ok, allerdings werden sehr oft Firmenzugehörigkeit und Ausbildung miteinbezogen.
Wie lange wird es noch dauern, bis Österreich von der ersten weiblichen Bundeskanzlerin regiert wird?
Bis sich eine gute Kandidatin aufstellen traut und Frauen auch Frauen wählen. Das Beispiel Ferrero Waldner zeigt nachweislich, dass Frauen (quer durch alle Parteien) mehrheitlich Dr. Fischer gewählt haben.
Wie hoch ist der Frauenanteil konkret in Ihrem Unternehmen?
Insgesamt würde ich sagen – weit über 50%! In Wien ist er ca. 50%, in Budapest und Bratislava ist er zum Beispiel 100%.
Verdienen Frauen in Ihrem Unternehmen gleich viel wie Männer?
Ja, die Fixgehälter sind gleich, die Prämien leistungsbezogen; unter den Top 10-Verdienern bei Arthur Hunt International sind 6 Frauen.
F&K: Bietet Ihr Unternehmen Kinderbetreuung an?
Nein, dazu sind wir zu klein. Unser Wiener Büro hat (als das kleinste) 8 MitarbeiterInnen – unser größtes in Moskau 24 – und da zahlt es sich nicht aus. Wir nehmen aber selbstverständlich Rücksicht auf Erkrankungen oder wichtige Termine.
Bietet Ihr Unternehmen Job-Sharing für Teilzeitbeschäftigte an?
Nein.
Setzt Ihr Unternehmen für die Gleichstellung von Frau und Mann spezielle Maßnahmen und wenn ja, welche?
Nein.
Nimmt Ihr Unternehmen an Zertifizierungen als Top-Arbeitgeber oder als „Familienfreundliches Unternehmen“ teil und wenn ja, an welchen?
Nein.
Haben Sie persönlich Kinder? Wenn ja, wie vereinbaren Sie persönlich Beruf und Familie?
Ich habe eine ganz tolle, fast 18-jährige Tochter, die heuer maturieren wird. Meine Tochter ist auch eine der „Gründe“ gewesen mich selbstständig zu machen. So war ich am 1. Schultag ebenso dabei, wie auch bei allen Ballet- und Theateraufführungen, Arztbesuchen oder ähnliches. Wenn es notwendig war, habe ich oft am Abend oder Samstag/Sonntag gearbeitet – als Selbstständiger hat man die Möglichkeit sich die Dinge besser einzuteilen.
Was halten Sie vom neuen 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Ich finde es eine super Idee und wichtig – jede professionelle Initiative in diesem Bereich ist notwendig. Daten, Zahlen oder Fakten belegen klar, dass Frauen im Berufsleben schwer benachteiligt sind und daher ist jede zusätzliche Unterstützung wertvoll. Ich wünsche dem 1. Karriereportal für Frauen alles Gute und bin jetzt schon vom Erfolg überzeugt.