Frau Mag. Anna Steiger Vizerektorin für Personal & Gender an der TU Wien
Mag. Anna Steiger studierte Rechtswissenschaften an der Uni Wien. Von 1995 bis 2001 war sie an der Akademie der bildenden Künste Wien für Personal- und Rechtsangelegenheiten zuständig. In der Zeit von 2001 bis 2003 fungierte sie als Bereichsleiterin für Personal und Arbeitsmarktpolitik bei der Niederösterreichischen Volkshilfe. 2003 wurde Steiger zur Vizerektorin für Personal, Ressourcen und Frauenförderung an der Akademie der bildenden Künste Wien bestellt. Seit 2011 ist Anna Steiger als Vizerektorin an der TU Wien für das neue Ressort „Personal und Gender“ verantwortlich.
Vor einigen Jahren hat das Rektorat der TU die Studie der „Leaky Pipeline“ präsentiert wo der Frage nachgegangen wurde warum der Frauenanteil in allen Studienrichtungen und Fakultäten entlang der Karriereleiter kontinuierlich und stark überproportional sinkt. Sie haben damals die Ergebnisse als „schockierend“ bezeichnet. Warum und was hat sich bis heute verändert?
Ich habe die Studie bekommen bevor ich mein Vizerektorat angetreten habe. Die Ergebnisse waren schockierend aber nicht verblüffend. Es wurde schwarz auf weiß dokumentiert was man sowieso schon wahrgenommen hat und auch auf anderen Universitäten wahrnehmen kann. Wir haben einen Spiegel vorgehalten bekommen und waren dann in der Situation, alles kritisch zu hinterfragen. Ich habe mich damals über die Studie sehr gefreut, da es auch ein Zeichen nach außen ist – die TU setzt sich mit diesem Thema ernsthaft auseinander. Die Handlungsempfehlungen der Studie sehe ich seit meinem Antritt als Vizerektorin als roten Faden in meiner Arbeit. Da ist bis jetzt einiges gelungen, aber noch nicht alles. Wir haben einen neuen Frauenförderungsplan erstellt und haben uns dort wieder sehr ambitionierte Ziele gesetzt in Bezug auf Frauenquoten und Maßnahmen. Es ist sehr wichtig, sich permanent damit auseinanderzusetzen wo man steht. Wir erstellen nun einen jährlichen Frauenbericht, wo wir ganz genau und detailliert eruieren wo wir stehen, bei den Studienrichtungen, bei den Studierenden, bei den Lehrenden, aber auch bei begleitenden Maßnahmen. Hier sehe ich die TU als Vorreiterin.
Wie hoch ist der Frauenanteil in Ihrer Organisation?
Wir haben jetzt eine Frauenquote von rund 25%. Die zieht sich durch, von den Studierenden bis zu den Lehrenden. Natürlich gibt es Schwankungen in den diversen Studienrichtungen. Wir setzen uns damit ernsthaft auseinander und wissen nun sehr viel mehr über unsere eigene Organisation.
Sind Maßnahmen notwendig um Frauen im Berufsleben zu fördern und wenn ja, welche wären Ihrer Meinung nach am zielführendsten?
An der TU haben wir begonnen das Wort „Frauenförderung“ kritisch zu hinterfragen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade in einem sehr wissenschaftlichen Umfeld Frauen nicht gefördert werden wollen.
Aus einem sehr nachvollziehbaren Grund – gefördert muss nur etwas werden, was ein Defizit hat. Und das ist bei den Frauen, die an der TU arbeiten, nicht der Fall. Wir haben festgestellt, wenn wir Maßnahmen ausschreiben und diese Frauenförderungsmaßnahmen nennen, bewerben sich keine Frauen.
Gute Erfahrungen haben wir mit „Role Models“ gemacht um zu zeigen „das geht“. An der TU gibt es eine Rektorin, Frau Seidler, die eine herausragende Wissenschaftlerin ist und eine unglaubliche akademische Karriere gemacht hat. Sie ist jetzt im akademischen Management Rektorin und hat auch zwei Töchter großgezogen. Wir haben Frau Diepold, die gerade den Wittgenstein Preis bekommen hat, so etwas wie den österreichischen Oskar für Wissenschaft. Wir versuchen diese Frauen bewusst ins Rampenlicht zu stellen. Mehr darüber findet sich auf unserer Website www.frauenspuren.at. Die Gründe warum wenig Frauen an der TU studieren und dann technische Berufe ausüben haben nur sekundär mit der TU zu tun. Das liegt alles viel tiefer. Es ist wichtig, Klischees aufzubrechen und die Bilder zu verändern, die mit einem Technik Studium verbunden werden. Wenn eine Physikerin vor einem steht, sollte man nicht anfangen zu staunen.
Was bietet die TU zum Thema Vereinbarkeit, bieten Sie Kinderbetreuungsplätze bzw. Unterstützung bei Kinderbetreuung an?
Vereinbarkeit ist für uns ein wichtiges Thema. Wir haben eine Krabbelstube, es wird im Herbst die vierte Kindergartengruppe geben und wir haben im Juli unsere erste Gleitzeitbetriebsvereinbarung abgeschlossen, sprich Flexibilität mit Arbeitszeit. Es gibt die Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten. Die Rahmenbedingungen sind wichtig. Ebenso wurde eine interne Jobbörse gegründet, wo wir für offene Positionen zuerst unsere Mitarbeiterinnen, Karenzrückkehrerinnen oder Frauen in Teilzeit bewusst einladen sich zu bewerben. Hier gibt es eine hohe Erfolgsquote. Und wir achten sehr darauf, dass Frauen und Männer gleich bezahlt werden.
Wie kann Frauenförderung sinnvoll umgesetzt werden, ohne gleichzeitig Männer zu diskriminieren?
Mit dieser Frage tu ich mir schwer! Schauen sie sich die Welt an wie sie ist, da muss ich Maßnahmen, die Frauen vermeintlich bevorzugen nicht mehr hinterfragen. Es geht nicht darum Männer zu diskriminieren, es geht darum, dass alle gleiche Chancen haben.
Was würden Sie jungen Frauen in Bezug auf ihre Studienwahl und Berufswahl empfehlen?
Junge Frauen sollen das studieren, was Ihnen Spaß macht! Wenn sie mich fragen welche Studien gut bezahlte Jobs ermöglichen, dann kann ich nur sagen, studieren Sie an der TU. Keine Frage! Sehr oft rufen mich die Personalisten der österreichischen großen Konzerne an und fragen nach den AbsolventInnen. Aber ein Studium an der TU muss einem natürlich Spaß machen. Ich halte es nicht für sinnvoll beispielsweise Maschinenbau zu studieren, nur weil man dann die Aussicht auf einen gut bezahlten Job hat, das macht keinen Sinn. Junge Frauen sollen das studieren, was Ihnen Spaß macht und das mit Interesse, Ambition und Leidenschaft machen.
Wie unterscheiden sich die Ansprüche und Anforderungen der Frauen an Leistung und Vereinbarkeit im Vergleich mit Männern?
Schwierige Frage. Die Gesellschaft ist der Meinung, dass Frauen sich um Vereinbarkeit kümmern müssen. Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist, das Frauen mehr interessiert oder das sie da mehr oder andere Ansprüche hätten als Männer. Frau ist oft in der Situation oder wird in die Situation gedrängt, dass sie sich darum kümmern muss. Ich halte die Möglichkeit der Väterkarenz für einen wichtigen Schritt – Vereinbarkeit sollte kein Thema sein, das nur Frauen angeht.
Was halten Sie vom 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Frau & Karriere ist eine tolle Initiative und für Frauen sehr interessant und zielgruppenorientiert. Ich wünsche dem Jobportal alles Gute und viel Glück!