Das Technische Museum Wien präsentierte die neue „Frauengalerie“ im Rahmen einer Führung am Ada-Lovelace-Day.
Frauen und Männer haben seit dem Altertum bemerkenswerte Leistungen in Naturwissen-schaften und Technik erbracht, jedoch blieb den Frauen oftmals die gebührende Anerkennung verwehrt. Das Technische Museum Wien bemüht sich seit Jahren, den Leistungen von heraus-ragenden Frauen Beachtung zu verschaffen. Mit Hilfe von Ausstellungstexten und speziellen Führungen wird der Fokus auf ihre Ideen, Entwicklungen und Errungenschaften gelegt und somit auch ein persönlicher Bezug zu Technik und Technikgeschichte geschaffen.
Die im Jahr 2016 installierte „Frauengalerie“ wurde nun fertiggestellt und portraitiert in acht Stationen Frauen und deren besondere Verdienste in der Technik und Wissenschaft.
Ada Lovelace
(Bereich medien.welten / Ebene 4)
Bereits im Alter von vier Jahren wurde Augusta Ada Byron (1815–1852) u. a. in Mathematik unterrichtet. Da der Zugang zu Bildung im viktorianischen England Männern vorbehalten war, konnten Frauen nur im häuslichen Bereich Bildung erwerben. Bei einer Veranstaltung lernte Ada den Mathematiker Charles Babbage kennen, der an der Automatisierung numerischer Tabellen arbeitete und zur exakten Berechnung von Zahlenreihen Rechenmaschinen entwarf. Bei seinen Studien – auch zur programmgesteuerten „Analytical Engine“ – arbeitete Babbage mit Ada zusammen. Ada übersetzte, nach ihrer Heirat mit dem Earl of Lovelace, eine Beschreibung der „Analytical Engine“ und stellte dabei Überlegungen an, welche Probleme mit Hilfe der „analytischen Maschine“ zu lösen wären und auf welche Weise die Operationen organisiert werden müssten. Diese Arbeit legte den Grundstein zu Adas späterem Ruhm als erste „Programmiererin“.
Božena Laglerová
(Bereich Mobilität, Etrich-Taube / Ebene 4)
Die Pragerin Božena Laglerová (1888–1941), eine Operettenschauspielerin und Journalistin, entdeckte ihre Begeisterung für das Fliegen. 1911 nahm sie Flugstunden und erhielt noch im selben Jahr als erste Frau vom k.u.k. Österreichischen Aero-Club die Pilotenlizenz Nr. 37. Ihr Können bewies sie bei internationalen Flugshows und Wettbewerben.
Nannette Streicher
(Bereich Musikinstrumente / Ebene 4)
Die in Augsburg als Tochter des Orgel- und Klavierbauers Johann Andreas Stein geborene Maria Anna, genannt Nannette (1769–1833), erhielt schon früh Klavier- und Gesangsunterricht und gab bereits mit sieben Jahren Klavierkonzerte. Ihr Vater erkannte die Notwendigkeit, auch seine Tochter im Klavierbau zu unterweisen. Mit dieser Ausbildung war es Nannette Streicher
möglich, das Unternehmen nach dem Tode ihres Vaters 1792 erfolgreich weiterzuführen. 1794 heiratete sie den Musiker Johann Andreas Streicher und übersiedelte mit ihm nach Wien, wo sie eine Konzession zur Herstellung von Klavieren erhielten. Die Fortepianos aus der Streicherschen Werkstatt galten als die Besten ihrer Zeit.
Musikabteilung im TMW
Das Technische Museum Wien bewahrt eine große Anzahl an Streicherschen Instrumenten, die die unterschiedliche Bauweise der Pianos sehr gut nachvollziehen lässt.
Margarete Schütte-Lihotzky
(Bereich Alltag / Ebene 3)
Zwölf Auszeichnungen, fast ebenso viele Ehrenmitgliedschaften und Doktorate wurden der ersten Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000) in ihrem beruflichen Werdegang zuteil. Die Rationalisierung der Hauswirtschaft und deren Umsetzung im Wohnbau war ihr Leitthema. Ein Meilenstein ihrer Karriere war die Entwicklung der „Frankfurter Küche“. Der von ihr für das „Neue Frankfurt“ gestaltete Küchentypus stellte die erste seriell gefertigte Einbauküche dar.
Bertha Benz
(Bereich Energie / Ebene 2)
Sie gilt als eine der Pionierinnen des Automobils. Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen unternahm Bertha Benz (1849–1944) im Jahr 1888 die erste Fernfahrt mit einem Automobil – von Mannheim nach Pforzheim. Getankt wurde auf der etwa 100 km langen Strecke in der Apotheke: Ligroin, ein Leichtbenzin, das als Waschbenzin für die chemische Reinigung eingesetzt wurde, eignete sich auch als Kraftstoff für den dreirädrigen Benz Patent-Motorwagen. Die technisch interessierte Bertha unterstütze ihren Mann Carl Benz beim Aufbau seiner Werkstatt und arbeitete mit ihm gemeinsam an der Entwicklung des Automobils.
Marie Curie
(Bereich Natur & Erkenntnis / Ebene 1)
Marya Salomea Sklodowska (1867–1934) studierte an der Sorbonne in Paris Mathematik, Physik und Chemie, wurde Europas erste Doktorin der Naturwissenschaften, war die erste Professorin in Frankreich und erhielt 1903 als erste Frau einen Nobelpreis in Physik. Gemeinsam mit ihrem Mann Pierre Curie erforschte sie die strahlenden Eigenschaften der Metalle und bezeichnete die noch unbekannte Strahlung als Radioaktivität. 1898 veröffentlichten sie die Entdeckung von zwei radioaktiven Elementen: Polonium und Radium. Für die Entdeckung und Isolierung des Radiums erhielt Marie Curie im Jahr 1911 – als erster Mensch – einen zweiten Nobelpreis, diesmal in Chemie.
Lise Meitner
(Bereich Natur & Erkenntnis / Ebene 1)
Die Physikerin Lise Meitner (1878–1968), die maßgeblich zu bahnbrechenden Erkenntnissen auf dem Gebiet der Radioaktivität und der Erforschung der Beta-Strahlen beitrug, wurde zeitlebens nur als „Anhängsel“ ihres wissenschaftlichen Partners, des Chemikers Otto Hahn, gesehen. Gemeinsam forschten sie rund 30 Jahre u. a. am Nachweis der Transurane. Für die Entdeckung der Spaltung schwerer Atomkerne wurde allerdings nur Otto Hahn mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Caroline Herschel
(Bereich Natur & Erkenntnis / Ebene 1)
Die Astronomin Caroline Herschel (1750–1848) erlangte einen für eine Frau dieser Epoche ungewöhnlichen Bekanntheitsgrad und erhielt zahlreiche Auszeichnungen für ihre Forschungen und Entdeckungen. Ihr astronomisches Forschungsgebiet, welches sie mit ihrem Bruder Wilhelm Herschel bearbeitete, waren die Nebel, damals auch als „Sternsysteme“ bezeichnet. Insgesamt erforschten die beiden rund 2.300 Nebel und 197 Sternhaufen.
Buchtipp:
Gabriele Fröschl, Barbara Hafok, Beatrix Hain, Johannes Kapeller, Renée Winter:
Wäre Ada ein Mann … Frauen in Technik, Naturwissenschaften und Medien
Edition TMW, Band 7, Verlag Technisches Museum Wien
152 Seiten, zahlreiche Abbildungen
€ 22,80
ISBN 978-3-902183-31-6
Erhältlich im TMW-Shop und im Buchhandel.
Foto: © Technisches Museum Wien, Klaus Pichler