Am 2. November beginnt für Österreichs Arbeitnehmerinnen statistisch gesehen die unbezahlte Zeit. 60 Tage arbeiten sie bis Jahresende ohne Entgelt – ein wirtschaftliches Problem mit gesellschaftlichen Wurzeln.
Wien, 31. Oktober 2025 – Während sich das Wirtschaftsjahr dem Ende zuneigt, markiert der 2. November 2025 einen ernüchternden Meilenstein: den Equal Pay Day. Ab diesem symbolischen Stichtag arbeiten Frauen in Österreich rechnerisch bis zum Jahresende ohne Bezahlung. Der Grund ist eine hartnäckige ökonomische Realität: Der Gender Pay Gap liegt weiterhin bei 16,3 Prozent.
60 Tage unbezahlte Arbeit – eine volkswirtschaftliche Dimension

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Frauen verdienen im Durchschnitt 16,3 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen – eine Differenz, die sich auf 60 unbezahlte Arbeitstage pro Jahr summiert. Während die Politik seit Jahren Gleichstellung propagiert und Unternehmen Diversitätsstrategien entwickeln, bleibt die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern bemerkenswert stabil.
Besonders deutlich wird die Dimension dieser Lücke bei einer branchenspezifischen Betrachtung: Im Handel, einer Branche mit überwiegend weiblicher Belegschaft, liegt das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen mehr als 60 Prozent unter jenem der männerdominierten Industrie. Diese Diskrepanz offenbart ein strukturelles Problem, das weit über individuelle Gehaltsverhandlungen hinausgeht.
Traditionelle Geschlechterrollen als Wirtschaftsfaktor
Die Einkommensunterschiede sind nicht nur eine Frage der Fairness, sondern auch Ausdruck tief verankerter ökonomischer Strukturen. Branchen, in denen traditionell Frauen arbeiten – Handel, Pflege, Bildung – sind systematisch schlechter bewertet und bezahlt als jene Sektoren, die männlich geprägt sind. Die Frage, ob diese Bewertung tatsächlich die volkswirtschaftliche Bedeutung widerspiegelt oder vielmehr historisch gewachsene Machtverhältnisse zementiert, wird in der Wirtschaftsforschung zunehmend kritisch diskutiert.
„Die Lohnlücke ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis struktureller Entscheidungen“, analysieren Arbeitsmarktexperten. Die Konzentration von Frauen in schlechter bezahlten Branchen, häufigere Teilzeitbeschäftigung aufgrund von Betreuungspflichten und unterbrochene Erwerbsbiografien durch Karenzzeiten summieren sich zu einem erheblichen Lebenseinkommensnachteil.
Langfristige Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
Die Auswirkungen des Gender Pay Gap reichen weit über das monatliche Gehalt hinaus. Geringere Einkommen bedeuten niedrigere Pensionsansprüche – ein Faktum, das die Altersarmut von Frauen befeuert. Volkswirtschaftlich betrachtet bleibt damit erhebliches Konsumpotenzial ungenutzt, während gleichzeitig die sozialen Sicherungssysteme stärker belastet werden.
Auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive mehren sich die Stimmen, die auf die vergebenen Chancen hinweisen: Studien belegen, dass diverse Teams produktiver und innovativer arbeiten. Unternehmen, die das Potenzial ihrer weiblichen Mitarbeiterinnen nicht angemessen honorieren, riskieren nicht nur Reputationsverluste, sondern auch Wettbewerbsnachteile im Kampf um qualifizierte Fachkräfte.
Der Equal Pay Day 2025 mahnt einmal mehr: Die Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern ist nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern auch eine ökonomische Hypothek, die Österreichs Wirtschaft sich nicht mehr leisten kann.









