Melanie Vogel, Gründerin und Initiatorin der women&work – dem ersten Messe-Kongress für Frauen
Melanie Vogel gründete gemeinsam mit Ihrem Mann die „Agentur ohne Namen“ in Deutschland. Vom allgemeinen Karrieremessen Veranstalter etablierten sie sich zu Spezialisten für Frauenkarrieren u.a. mit der „women&work“ – dem ersten Messe-Kongress für Frauen. Melanie Vogel ist Deutschlands erster weiblicher Innovations-Coach (Master) und Mitglied im Innovationsnetzwerk der Stanford University. Sie gewann 2012 mit der women&work den Innovationspreis „Land der Ideen“ in der Kategorie Wirtschaft. Melanie Vogel hat einen neunjährigen Sohn.
Sie sind mit der „Agentur ohne Namen“ Initiatorin der women&work, dem ersten Messe-Kongress für Frauen, der dieses Jahr bereits zum dritten Mal in Bonn stattgefunden hat. Wie sind Sie auf die Idee gekommen eine Messe für Frauen zu organisieren?
In unserem damaligen Geschäft als Veranstalter von allgemeinen Karrieremessen haben wir gemerkt wir laufen vor die Wand. Wir waren nicht mehr konkurrenzfähig. Die Idee zur Spezialisierung auf eine Karrieremesse für Frauen kam mir beim Schlittenfahren mit der Familie. Das war auch aus persönlichem Frust heraus, ich hatte den Wunsch mich mit Frauen auszutauschen, die ähnlichen Herausforderungen gegenüber stehen, Karriere und Familie zu vereinbaren. Und wir hatten wirklich Glück, denn zwei Monate später ging die Telekom hier in Deutschland mit der Frauenquote in die Presse und seitdem ist das Thema aus den Medien nicht mehr verschwunden.
Wie entwickelte sich die women&work seit ihrer Premiere 2011 in Bonn?
Das Grundkonzept so wie wir es 2010 entwickelt haben ist geblieben. Im ersten Jahr hatten wir 60 Aussteller, das war damals ein Riesenerfolg. Dafür hatten wir in der Akquise tausende Kilometer zurückgelegt – von München nach Berlin, von Hamburg nach Köln, und wieder zurück nach Frankfurt.
Mein Mann und ich waren bei bestimmt 50 Unternehmen vor Ort, teilweise hatten wir unseren Sohn mit dabei, weil wir keine Kinderbetreuung hatten über Nacht. Wir haben uns als Ehepaar mit Kind gezeigt, das aufgrund von vielen Bedürfnissen etwas ändern möchte.
Es war wichtig, dass mein Mann und ich gemeinsam, als Paar, zu den Unternehmen gingen. Sie haben gesehen, uns ist es ernst, wir begreifen die Messe als Business-Veranstaltung und nicht als „lila Latzhosen Veranstaltung“ – eine Befürchtung, die viele Unternehmen beim ersten Hören hatten und die wir zerstreuen musste. Im Jahr danach waren es schon 85 Aussteller und 2013 waren es knapp 100. Das ist die Essenz der Unternehmen in Deutschland, die auch wirklich für das Thema stehen.
Wir haben eine große Wiederbuchungsquote, was sehr selten ist im reinen Rekruitingbereich.
Woran liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für den viel zitierten Gender Gap im wirtschaftlichen Bereich (geringere Erwerbstätigkeit der Frauen, Gehaltsunterschiede, wenige Frauen in Führungspositionen etc.)?
Veraltete Rollenbilder sind ein Problem. Für Männer ist es schwer aus der Karriere- und Familienernährer-Rolle auszubrechen und zu sagen „ich möchte mehr für die Familie da sein“. Genauso schwer ist es für Frauen aus der Mutterrolle und Fürsorger-Rolle auszubrechen und selbstbewusst zu sagen „Ich bin Mutter und erfolgreich im Beruf“. Heute sind andere Familien- und Karrieremodelle notwendig geworden. Ein zweites Problem sehe ich im mangelnden Netzwerken der Frauen. Sie fangen zu spät damit an, und wenn dann häufig im privaten Bereich, und auf Augenhöhe, sie gehen selten in Netzwerke der Mächtigen rein. Das sind aber letztendlich die Netzwerke wo ich hin muss um erfolgreich zu sein. Die allergrößte Barriere ist meiner Meinung aber die Teilzeit Falle. Teilzeit zur Betreuung von Kindern oder Pflege von Angehörigen wirkt sich immer negativ aus auf den weiteren Karriereverlauf und auch auf das Gehalt. Unsere Agentur hat gemeinsam mit der Cologne Business School eine Umfrage zum Thema „Lebensphasenorientierte Karriereplanung“ durchgeführt. Hier wurde deutlich, dass Frauen in Teilzeit häufig Jobs bekommen, die unter ihrer Qualifikation liegen und die es ihnen nicht ermöglicht, mit Erfolgen innerhalb des Unternehmens sichtbar zu werden. Sind Frauen nicht sichtbar genug, dann werden sie für Beförderungen nach wie vor nicht oder nur sehr selten in Augenschein genommen. Gleichzeitig sagten die befragten Unternehmen unserer Umfrage, dass Führung in Teilzeit zwar bis zum mittleren Management möglich ist, aber Teilzeit in Top Positionen schlicht nicht in Frage kommt. Da erwarten die Unternehmen vor allem Flexibilität. Und das können Frauen mit Kindern nicht bieten.
Sind Maßnahmen notwendig um Frauen im Berufsleben zu fördern und wenn ja, welche sind Ihrer Meinung und Erfahrung nach am zielführendsten?
Ich glaube, dass die Frauen gestärkt werden müssen, nicht in ihrer Karrierekompetenz sondern in ihrer Aufstiegskompetenz. Ich halte mittlerweile die Vernetzung von Frauen innerhalb des Unternehmens für das Beste. Wenn Frauen vernetzt sind, wenn sie im Unternehmen sichtbar werden, fällt es schwerer sie zu übersehen. Am interessantesten ist es, wenn Frauen in informelle Netzwerke kommen, wo auch die Männer sind – und Frauen selbstverständlich und gleichberechtigt mit eingeladen werden. Dieses Aufbrechen der „Old Boys Networks“ kann nur durch eine Kulturveränderung innerhalb des Unternehmens erfolgen – hier sind also die Firmen selbst gefragt, entsprechende Anreize zu setzen.
Zusätzlich sollten den Frauen Führungspositionen aktiv angeboten werden, weil Frauen selten danach fragen. Unternehmen, die den ernsthaften Wunsch haben, mehr Frauen in der Führungsspitze zu haben, müssen beginnen ein echtes „Position-Marketing“ zu betreiben – also die Vorzüge der Positionen herausstellen und gleichzeitig deutlich machen, dass Flexibilität insofern gewährleistet wird, dass Frauen nicht zwischen Kind oder Karriere entscheiden müssen.
Wer sind Ihre persönlichen Vorbilder?
Gute Frage. Viviane Reding fällt mir ganz spontan ein. Nicht nur weil sie so stark für die Quote eintritt, sondern weil sie für mich so aus der Ferne eine Frau geblieben ist, die sehr menschlich wirkt, sehr klare Ziele verfolgt und bewusst für diese Ziele kämpft, dabei aber nichts an Weiblichkeit oder Frausein verloren hat. Das finde ich sehr bewundernswert. Timothy Ferris, Autor der „4-Stunden-Woche“ für seine Innovationskraft und ebenso Daniel Pink, der durch seine Bücher neues Denken anregt und Impulse setzt. Auch die beiden sind für mich Vorbilder.
Was halten Sie vom 1. Karriereportal für Frauen Frau & Karriere?
Ich finde Frau & Karriere genial. Unternehmen bietet sich hier eine Plattform, wenn sie sich mit dem Thema Chancengleichheit beschäftigen. Auf allgemeinen Karriereportalen funktioniert das nicht. Frau & Karriere ist für Frauen wichtig um eine intelligentere Arbeitgeberwahl zu treffen – um zu den Unternehmen zu gehen, die sich dem Frauenthema verschrieben haben.